Eichfrist abgelaufen: Sind meine Wasserzähler-Werte jetzt wertlos?

​Sie erstellen die Abrechnung und stellen beim Blick auf den Kaltwasserzähler fest: "Geeicht bis 2023". Wir haben aber schon 2025. Der Zähler ist abgelaufen.

​Dürfen Sie die abgelesenen Werte trotzdem für die Nebenkostenabrechnung nutzen? Oder müssen Sie jetzt pauschal nach Wohnfläche abrechnen (was oft ungerecht ist)?

​Hier prallen zwei Welten aufeinander: Das strenge deutsche Eichgesetz und das pragmatische Mietrecht.

​1. Das Eichgesetz: "Ordnungswidrigkeit"

​Nach dem Mess- und Eichgesetz (MessEG) ist die Lage schwarz-weiß:

  • ​Es ist verboten, ungeeichte Messgeräte im geschäftlichen Verkehr (dazu gehört die Vermietung) zu verwenden.

  • ​Wenn Sie Werte eines abgelaufenen Zählers verwenden, begehen Sie theoretisch eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann.

  • Die Fristen:

    • ​Kaltwasser: 6 Jahre

    • ​Warmwasser: 5 Jahre

    • ​Wärmemengenzähler: 5 Jahre

​2. Das Mietrecht (BGH): Der Rettungsanker

​Das Mietrecht sieht das anders. Der Bundesgerichtshof (BGH, Az. VIII ZR 112/10) hat entschieden:

Eine Nebenkostenabrechnung ist nicht automatisch unwirksam, nur weil ein Zähler abgelaufen ist.

Die Bedingung:

Sie dürfen die Werte verwenden, wenn Sie beweisen können, dass der Zähler trotz Ablauf der Eichfrist noch hinreichend genau misst.

  • Der Beweis: In der Praxis gelingt dieser Beweis oft dadurch, dass man die Summe der Wohnungszähler mit dem (geeichten) Hauptzähler des Versorgers vergleicht.

  • Die Toleranz: Wenn die Summe der Einzelzähler nicht mehr als ca. 20 % vom Hauptzähler abweicht (Messdifferenz), akzeptieren Gerichte oft die Werte der abgelaufenen Zähler als "hinreichend genau".

​3. Was sollten Sie tun?

Szenario A: Der Zähler ist gerade erst abgelaufen

Nutzen Sie die Werte für die Abrechnung. Das Risiko, dass der Zähler "falsch" misst, ist gering. Aber: Tauschen Sie ihn sofort aus, um für das nächste Jahr sicher zu sein.

Szenario B: Der Zähler ist uralt (10+ Jahre)

Hier ist das Risiko groß, dass er verkalkt ist und falsch misst.

  • ​Wenn ein Mieter die Werte anzweifelt, haben Sie vor Gericht schlechte Karten (Beweislast liegt bei Ihnen!).

  • Sicherer Weg: Rechnen Sie in diesem Fall (und nur für dieses Jahr!) lieber nach Wohnfläche ab (sofern mietvertraglich/gesetzlich zulässig als Ersatzmaßstab), oder einigen Sie sich mit dem Mieter auf einen Vergleich.

​Insider-Tipp: Kosten für "alte" Zähler?

​Achtung: Wenn Sie Zähler mieten, prüfen Sie die Rechnung! Sie dürfen die Mietkosten (oder Eichgebühren) für einen abgelaufenen, ungeeichten Zähler NICHT auf den Mieter umlegen. Das wäre unzulässig. Sie dürfen (unter den o.g. Bedingungen) vielleicht die Verbrauchswerte nutzen, aber Sie dürfen dem Mieter keine Kosten für ein "illegales" Messgerät berechnen. Streichen Sie diese Kostenposition aus der Abrechnung, um keinen Angriffspunkt zu bieten.

​Mein Rat: Kaufen Sie keine Zähler, mieten Sie sie. Das hat sich bei mir in der Praxis immer bewährt. Bei Mietgeräten (z.B. von Techem/Ista) ist der Dienstleister meistens verpflichtet, die Eichfristen zu überwachen und rechtzeitig zu tauschen. Sie wälzen das Haftungsrisiko komplett ab.

(Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Die Verwendung ungeeichter Zähler ist ein rechtliches Risiko und sollte nur eine Notlösung sein.)

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