Gewerbe im Wohnhaus: Wann ist ein "Vorwegabzug" bei den Nebenkosten Pflicht?
Sie vermieten Wohnungen, aber im Erdgeschoss befindet sich ein Ladenlokal, eine Arztpraxis oder ein Büro? Dann besitzen Sie ein sogenanntes "gemischt genutztes Objekt".
Für die Nebenkostenabrechnung ist das eine Falle. Viele Vermieter werfen einfach alle Kosten (Grundsteuer, Müll, Versicherungen) in einen Topf und verteilen sie nach Quadratmetern auf alle Nutzer – egal ob Gewerbe oder Wohnen.
Das geht oft gut, ist aber rechtlich riskant. Wenn das Gewerbe deutlich höhere Kosten verursacht als die Wohnungen, müssen Sie diese Mehrkosten vorab herausrechnen. Das nennt man den Vorwegabzug.
1. Die Grundregel: Wann muss getrennt werden?
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist hier eigentlich vermieterfreundlich. Er sagt: Solange die Kostenbelastung durch das Gewerbe nicht "erheblich" höher ist als bei Wohnraum, dürfen Sie alles zusammen abrechnen.
ABER: Sobald das Gewerbe zu einer Mehrbelastung für die Wohnungsmieter führt, ist ein Vorwegabzug zwingend.
Beispiel (Kein Abzug nötig): Ein stilles Büro im EG verursacht nicht mehr Müll oder Wasserverbrauch als eine Wohnung. Hier können Sie meist gemeinsam abrechnen.
Beispiel (Abzug nötig): Ein Restaurant im EG produziert riesige Mengen Müll und verbraucht extrem viel Wasser. Würden Sie das einfach nach qm verteilen, müssten die Wohnungsmieter den Restaurant-Müll mitbezahlen. Das ist unzulässig.
2. Die typischen Kostenarten für den Vorwegabzug
Hier müssen Sie bei Mischobjekten genau hinschauen:
Grundsteuer: Für Gewerbeflächen gelten oft andere Messbeträge. Wenn die Grundsteuer für das Gewerbe deutlich höher ist, müssen Sie diesen Teil abziehen, bevor Sie den Rest auf die Wohnungen verteilen.
Versicherungen: Gewerbebetriebe (z.B. mit Publikumsverkehr oder feuergefährlichen Stoffen) treiben die Gebäudeversicherungsprämie oft in die Höhe. Die Wohnungsmieter dürfen nur den Anteil zahlen, der für ein reines Wohnhaus fällig wäre.
Müll: Gewerbemüll ist teurer und oft voluminöser. Hier sollten Sie unbedingt getrennte Tonnen nutzen.
Wasser: Bei Gewerben mit hohem Wasserverbrauch (Friseur, Gastronomie, Wäscherei) sind eigene Zwischenzähler Pflicht. Ein Umlage nach qm ist hier fast immer angreifbar.
3. Wie berechnet man den Vorwegabzug?
Sie müssen die Kosten des Gewerbes isolieren.
Rechnungen prüfen: Schauen Sie, ob der Versorger/Dienstleister die Kosten bereits trennt (z.B. separater Grundsteuerbescheid für die Gewerbeeinheit).
Differenz-Methode: Lassen Sie sich von der Versicherung bestätigen, was das Haus als reines Wohnhaus kosten würde. Die Differenz zur tatsächlichen Prämie ist der Anteil, den das Gewerbe allein tragen muss (der Vorwegabzug).
Verteilung: Ziehen Sie diese Kosten von der Gesamtsumme ab. Der Restbetrag sind die "umlagefähigen Kosten für Wohnraum", die Sie dann wie gewohnt (z.B. nach Wohnfläche) auf die Wohnungsmieter verteilen.
Insider-Tipp: Getrennte Mülltonnen retten die Abrechnung
Der häufigste Streitpunkt ist der Müll. Mein dringender Rat: Bestellen Sie für das Gewerbe eigene Mülltonnen, die auch nur vom Gewerbe genutzt werden und separat abgerechnet werden. Wenn Wohn- und Gewerbemüll in denselben Containern landen, ist der Ärger vorprogrammiert, weil Wohnungsmieter sich benachteiligt fühlen ("Der Laden wirft da seine Kartons rein!"). Eine physische Trennung der Tonnen macht den Vorwegabzug überflüssig, da Sie direkt die Rechnungen zuordnen können. Ich hatte mal eine Fall, wo die Gewerbemieter so viel Müll produziert haben, dass eingige Wohnungsmieter am Ende des Jahres über 1.000€ nachzahlen mussten, aufgrund der hohen Müllgebühren.
Aus meiner Erfahrung: Bei 'stillem Gewerbe' wie einer Anwaltskanzlei mache ich keinen Vorwegabzug, da der BGH das erlaubt. Aber bei allem mit Publikumsverkehr (Café, Laden) trenne ich strikt, um Diskussionen zu vermeiden.
Achtung bei Leerstand im Gewerbe: Wenn der Laden leer steht, müssen Sie als Vermieter die (oft hohen) Gewerbekosten (Vorwegabzug) selbst tragen. Sie dürfen diese nicht plötzlich auf die Wohnungsmieter verteilen, nur weil das Gewerbe gerade keinen Umsatz macht.
(Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Die Beurteilung, ob ein Vorwegabzug nötig ist, hängt vom Einzelfall ab. Im Zweifel fragen Sie Ihren Hausverwalter oder Anwalt.)