Heizkosten-Ablesung: Was tun, wenn der Zähler defekt ist oder der Mieter fehlt?

​Sie haben einen Messdienstleister beauftragt, doch dann kommt die E-Mail: "In Wohnung 3 konnte der Zähler am Heizkörper im Wohnzimmer nicht abgelesen werden (defekt)" oder "Mieter Meier in Wohnung 4 war trotz dreimaliger Ankündigung nicht anzutreffen."

​Jetzt bricht für viele Vermieter Panik aus. Die Heizkostenverordnung (HeizkV) zwingt Sie zur Verbrauchsabrechnung. Aber ohne Verbrauchswert können Sie nicht abrechnen. Was jetzt?

​Das Gesetz hat für genau diesen Fall vorgesorgt. Die Lösung heißt: Schätzung.

​1. Das Problem: Fehlende Messwerte

​Das Fehlen eines Messwerts ist ein ernstes Problem. Sie dürfen die Kosten für diese Wohnung auf keinen Fall einfach pauschal nach Wohnfläche umlegen, während alle anderen nach Verbrauch zahlen. Das würde dem Sinn der HeizkV widersprechen.

​Sie dürfen den fehlenden Anteil auch nicht einfach auf die anderen Mieter verteilen.

​Die Heizkostenverordnung (§ 9a HeizkV) schreibt daher zwingend vor, dass der Verbrauch für die betroffene Wohnung geschätzt werden muss.

​2. Wie wird korrekt geschätzt? (Die Methoden)

​Sie als Vermieter müssen nicht selbst den Taschenrechner zücken. In der Praxis wird Ihr Messdienstleister (Ista, Techem & Co.) die Schätzung für Sie durchführen. Sie müssen aber verstehen, wie geschätzt wird, um es dem Mieter erklären zu können.

​Die HeizkV erlaubt zwei Hauptmethoden für die Schätzung:

  • Methode A (Priorität): Vergleich mit Vorperioden Wenn der gleiche Mieter bereits in den Vorjahren in der Wohnung gewohnt hat, wird dessen persönlicher Verbrauch aus dem Vorjahr (oder der Durchschnitt der letzten 2-3 Jahre) als Schätzwert herangezogen. Dies ist die fairste Methode.

  • Methode B (Alternativ): Vergleich mit ähnlichen Räumen Wenn es ein neuer Mieter ist (und somit keine Vorjahresdaten existieren) oder der Zähler in der ganzen Periode defekt war, muss der Messdienstleister den Verbrauch vergleichbarer Räume im selben Gebäude als Basis nehmen.

    • Beispiel: Der Zähler im 20qm-Wohnzimmer in Wohnung 4 ist defekt. Der Messdienstleister nimmt den Durchschnittsverbrauch der Wohnzimmer in Wohnung 1, 2 und 3 als Schätzwert für Wohnung 4.

​Insider-Tipp: Die Pflicht zur Transparenz

​Eine Schätzung muss in der Nebenkostenabrechnung immer klar als solche ausgewiesen werden. Sie müssen dem Mieter mitteilen, dass geschätzt wurde und warum (z.B. "Defekt des Heizkostenverteilers im Bad"). Diese Transparenz ist entscheidend, um einen Widerspruch zu vermeiden. Aus meiner Praxiserfahrung weiß ich, dass es immer besser ist den Mieter schon im Vorhinein über die Schätzung zu Informieren z.B. durch eine kurze Mail.

​3. Der Sonderfall: Mieter verweigert Ablesung

​Was ist, wenn der Mieter (bei alten, nicht-funkbasierten Zählern) dem Ableser einfach nicht die Tür öffnet, trotz mehrfacher, rechtzeitiger Ankündigung?

  • Duldungspflicht: Der Mieter hat eine "Duldungspflicht". Er muss den Ableser hereinlassen.

  • Folge der Verweigerung: Sie als Vermieter (bzw. Ihr Messdienstleister) sind auch hier gezwungen, den Verbrauch des Mieters zu schätzen (Methode A oder B). Der Mieter kann sich nicht auf einen Fehler berufen, den er selbst verursacht hat.

​4. Die 15%-Kürzungs-Falle (Das große Risiko)

​Hier lauert das größte finanzielle Risiko für Sie als Vermieter.

​Wenn Sie nicht nach Verbrauch abrechnen (obwohl Sie es müssten) und auch keine korrekte Schätzung nach § 9a HeizkV vornehmen, sondern einfach pauschal nach Wohnfläche abrechnen, begehen Sie einen schweren formellen Fehler.

​Die Folge (§ 12 HeizkV): Der Mieter hat das Recht, den gesamten auf ihn entfallenden Heizkostenanteil (Grund- UND Verbrauchskosten) um 15% zu kürzen. In der Praxis sehe ich oft die Folgen: Die 15%-Kürzungs-Falle ist kein Mythos. Sie wird von Mietervereinen konsequent genutzt. Der mit Abstand häufigste Grund ist eine versäumte oder falsch kommunizierte Schätzung.

​Insider-Tipp: Die 25%-Ausnahme-Regel

​Es gibt eine wichtige Obergrenze: Wenn bei mehr als 25% der gesamten Wohnfläche des Hauses die Werte (z.B. wegen eines großen Wasserschadens oder Geräteausfalls) nicht erfasst werden können, kippt das ganze System. In diesem seltenen Fall muss der Vermieter die Heizkosten für das gesamte Gebäude pauschal nach Wohnfläche umlegen.

​Fazit

​Fehlende Ablesewerte sind kein Weltuntergang, wenn Sie professionell reagieren:

  1. Messdienstleister informieren und um eine Schätzung nach § 9a HeizkV bitten.

  2. ​Die Schätzung in der Abrechnung klar kennzeichnen und dem Mieter den Grund mitteilen.

  3. Niemals einfach pauschal nach Fläche abrechnen, sonst riskieren Sie 15% Kürzung.

(Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Die Heizkostenverordnung ist komplex. Vertrauen Sie bei der Schätzung auf Ihren zertifizierten Messdienstleister.)

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