Mieter-Widerspruch: Welche Fristen gelten und wie Sie richtig reagieren
Dieses Szenarieo fürchten viele Vermieter: Sie haben Ihre Nebenkostenabrechnung verschickt und erhalten statt der Nachzahlung einen mehrseitigen Brief – oft vom Mieterverein – der Ihre Abrechnung Punkt für Punkt anzweifelt.
Jetzt bloß nicht in Panik verfallen. Ein Widerspruch ist ein normaler Vorgang im Mietverhältnis. Wichtig ist nur, dass Sie jetzt professionell, sachlich und vor allem mit Kenntnis der richtigen Fristen reagieren.
Hier ist Ihr Fahrplan.
1. Die wichtigste Frist: Wie lange darf der Mieter widersprechen?
Viele Vermieter leben in dem Irrglauben, ein Mieter müsse "sofort" oder "innerhalb von 4 Wochen" widersprechen. Das ist falsch und ein gefährlicher Mythos.
Die Rechtslage ist klar in § 556 Abs. 3 BGB geregelt:
Der Mieter hat zwölf Monate Zeit, um Einwände gegen die Abrechnung zu erheben. Diese Frist beginnt ab dem Tag, an dem der Mieter die Abrechnung erhält.
Beispiel: Sie übergeben die Abrechnung am 15.04.2025. Ihr Mieter kann bis zum 14.04.2026 Einwende gegen die Abrechnung erheben (z.B. eine falsch berechnete Position).
Ein Widerspruch in Monat 13 oder danach ist unwirksam. Sie können ihn höflich zurückweisen.
2. Formelle vs. Materielle Fehler (Der entscheidende Unterschied)
Nicht jeder Widerspruch ist gleich. Sie müssen sofort erkennen, was der Mieter beanstandet.
Formelle Fehler (Schwerwiegend): Der Mieter widerspricht, weil die Abrechnung als Ganzes nicht nachvollziehbar ist.
Es fehlen die Gesamtkosten des Gebäudes.
Der Umlageschlüssel (z.B. "nach Wohnfläche") wird nicht genannt.
Die Vorauszahlungen sind nicht abgezogen. Folge: Eine formell unwirksame Abrechnung löst die Zahlungsfrist für den Mieter gar nicht erst aus. Sie müssen die Abrechnung korrigieren und neu zustellen.
Materielle Fehler (Der Normalfall): Der Mieter beanstandet eine einzelne Position oder Berechnung.
"Die Kosten für die Gebäudeversicherung sind zu hoch."
"Der Posten 'Instandhaltungen' ist nicht umlagefähig."
"Sie haben den falschen Umlageschlüssel für das Wasser verwendet." Folge: Die Abrechnung als solche ist wirksam. Es geht "nur" um die Höhe der Nachzahlung.
3. Der 4-Schritte-Plan: So reagieren Sie professionell
Egal, ob der Brief vom Mieter oder vom Mieterverein kommt: Ihr Vorgehen ist immer gleich. Lassen Sie sich vom Mieterverein nicht einschüchtern.
Schritt 1: Frist prüfen & Ruhe bewahren
Ist der Widerspruch innerhalb der 12-Monats-Frist eingegangen? Wenn ja, nehmen Sie ihn ernst und reagieren Sie. Ignorieren Sie nicht den Brief, das führt nur zur Eskalation.
Schritt 2: Den Vorwurf sachlich prüfen
Lesen Sie den Widerspruch ohne Emotionen. Hat der Mieter recht? Seien Sie ehrlich zu sich selbst.
Haben Sie versehentlich Reparaturkosten umgelegt?
Haben Sie beim Mieterwechsel falsch gerechnet?
Prüfen Sie Ihre eigenen Belege.
Schritt 3: Schriftlich und klar antworten (Zwei Wege)
A) Der Widerspruch ist (teilweise) berechtigt: Das ist kein Beinbruch. Antworten Sie höflich, bedanken Sie sich für den Hinweis und senden Sie eine korrigierte Abrechnung. Beispiel-Text: "Sehr geehrter Herr/Frau [Mietername], vielen Dank für Ihren Hinweis vom [Datum]. Sie haben recht, die Position 'Reparatur Klingel' war fälschlicherweise enthalten. Anbei erhalten Sie die korrigierte Abrechnung." Das deeskaliert sofort und zeigt Professionalität.
B) Der Widerspruch ist unberechtigt: Weisen Sie den Widerspruch höflich, aber bestimmt und mit Begründung zurück. Beispiel-Text: "Sehr geehrter Herr/Frau [Mietername], ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben. Die von Ihnen beanstandete Position 'Gartenpflege' ist gemäß § 2 BetrKV umlagefähig und wurde, wie im Mietvertrag vereinbart, korrekt nach Wohnfläche umgelegt. Die Nachforderung in Höhe von X € bleibt daher bestehen."
Schritt 4: Belegeinsicht anbieten
Schließen Sie Ihre (ablehnende) Antwort immer mit dem Angebot ab, die Originalbelege einzusehen. Das nimmt dem Mieter den Wind aus den Segeln.
Insider-Tipp: Was bedeutet "Zahlung unter Vorbehalt"?
Wenn Ihr Mieter die Nachzahlung leistet, aber "unter Vorbehalt" (o.ä.) auf den Überweisungsträger schreibt, ist das ein Warnsignal. Er signalisiert damit, dass er die Abrechnung noch prüft und sich das Recht vorbehält, das Geld zurückzufordern. Nehmen Sie einen solchen Vorbehalt ernst – oft folgt darauf ein Widerspruch.
Insider-Tipp: Keine Angst vor dem Mieterverein
Briefe vom Mieterverein oder einem Anwalt sehen oft einschüchternd aus, sind aber zu 90% Textbausteine. Lassen Sie sich davon nicht beeindrucken. Behandeln Sie den Brief exakt wie in Schritt 3 beschrieben: Prüfen Sie den Inhalt sachlich und antworten Sie auf die Fakten.
(Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar und ersetzt nicht die individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt.)