Nebenkosten-abrechnung bei Mieterwechsel: So rechnen Sie unterjährig korrekt ab

​Der Idealfall (Abrechnung von 01.01. bis 31.12. für denselben Mieter) ist einfach. Die Realität sieht meistens anders aus: Ihr alter Mieter zieht z.B. am 30.04. aus und Ihr neuer Mieter zieht am 01.05. ein. In meiner Praxiserfahrung habe ich selten erlebt, dass ein Mieterwechsel exakt zum Anfang bzw. Ende eines Abrechnungszeitreaumes stattfand.

​Plötzlich müssen Sie die Kosten für ein Jahr auf zwei Parteien aufteilen. Wenn Ihnen hier ein Fehler passiert, kann Sie das mehrere Hundert Euro kosten.

​Das Wichtigste vorweg: Sie dürfen niemals die Gesamtkosten des Jahres einfach aufteilen, wie Sie es für angemessen halten würden (z.B. "50/50"). Das Gesetz verlangt eine scharfe Trennung nach Zeiträumen oder, noch besser, nach Verbrauch.

​Hier ist die professionelle Vorgehensweise.

​Schritt 1: Das goldene Prinzip – Die Zwischenablesung

​Der mit Abstand beste und rechtssicherste Weg ist die Zwischenablesung.

Insider-Tipp: Machen Sie es sich zur eisernen Regel: Bei jeder Wohnungsabnahme und Wohnungsübergabe, werden alle Zählerstände (Heizung, Kaltwasser, Warmwasser) im Abnahme-Übergabeprotokoll schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterschrieben. Zusätzlich können Sie noch Fotos von den Zählern machen.

​Wenn Sie diese Zählerstände haben, ist die Abrechnung ein Kinderspiel:

  • Vormieter (01.01. - 30.04.): Zahlt genau das, was die Zähler zwischen Jahresanfang und Auszug anzeigen.

  • Ihr neuer Mieter (01.05. - 31.12.): Zahlt genau das, was die Zähler zwischen Einzug und Jahresende anzeigen.

​Sie rechnen quasi zwei getrennte Abrechnungen. Das ist die sauberste und sicherste Methode.

​Schritt 2: Was tun ohne Zwischenablesung?

​Jetzt wird es kompliziert. Wenn Sie (oder Ihr Messdienstleister) keine Zwischenablesung vorgenommen haben, müssen Sie die Kosten schätzen. Aber nicht willkürlich, sondern nach klaren gesetzlichen Vorgaben.

​Wir müssen zwei Kostenarten trennen:

​A) "Kalte" Betriebskosten (Die zeitanteilige Abrechnung)

​Das ist der einfache Teil. Alle "kalten" Kosten, die pauschal nach Wohnfläche umgelegt werden (Grundsteuer, Versicherungen, Hausmeister, Müll etc.), werden taggenau abgerechnet. Beachten Sie, dass Sie hier nicht nach Monaten rechnen! Das ist deutlich genauer und juristisch unangreifbar.

Beispielrechnung (Einzug am 01.05.):

  • ​Gesamtkosten Grundsteuer (ganzes Jahr): 365,00 €

  • ​Ihr neuer Mieter wohnte vom 01.05. bis 31.12. im Objekt (Beispiel = 245 Tage).

  • Ihre Rechnung: (365,00 € / 365 Tage) x 245 Tage = 245,00 €

  • ​Der Vormieter (01.01. - 30.04. = 120 Tage) zahlt die restlichen 120,00 €.

​Diese taggenaue Aufteilung ("zeitanteilig") machen Sie für alle kalten Betriebskosten.

Ganz wichtig: beachten Sie Schaltjahre !

​B) "Warme" Betriebskosten (Heizung & Warmwasser)

​Das ist die größte Fehlerquelle. Sie dürfen die Heizkosten AUF KEINEN FALL einfach zeitanteilig (taggenau) abrechnen.

​Warum? Weil im Januar viel mehr geheizt wird als im Juli. Eine taggenaue Abrechnung wäre grob unfair (der Sommer-Mieter würde die Heizkosten des Winter-Mieters mitbezahlen).

​Wenn keine Zwischenablesung vorliegt, schreibt die Heizkostenverordnung (§ 9b) eine klare Methode vor: die Abrechnung nach Gradtagszahlen.

Was sind Gradtagszahlen?

Das sind fest definierte Promille-Werte, die den durchschnittlichen Energieverbrauch pro Monat widerspiegeln:

  • ​Januar: 170 ‰ (17 %)

  • ​Februar: 150 ‰ (15 %)

  • ​Mai: 40 ‰ (4 %)

  • ​Juni, Juli, Aug: 10 ‰ (1 %)

  • ​Dezember: 160 ‰ (16 %)

  • (...und so weiter)

Beispielrechnung (Einzug am 01.05.):

  • ​Gesamte Heizkosten der Wohnung (ganzes Jahr): 1.000,00 €

  • Vormieter (Jan-Apr): 170 (Jan) + 150 (Feb) + 130 (Mrz) + 80 (Apr) = 530 ‰

    • Kosten Vormieter: 1.000,00 € x 53,0 % = 530,00 €

  • Ihr neuer Mieter (Mai-Dez): 40 (Mai) + 10 (Jun) + 10 (Jul) + 10 (Aug) + 30 (Sep) + 80 (Okt) + 120 (Nov) + 160 (Dez) = 460 ‰

    • Kosten neuer Mieter: 1.000,00 € x 46,0 % = 460,00 €

(Die restlichen 10‰ (1%) sind oft die Warmwasserkosten, die meistens zeitanteilig umgelegt werden dürfen, wenn es keine Zähler gibt.)

​Schritt 3: Die Vorauszahlungen nicht vergessen

​Der gleiche Fehler passiert oft beim Saldo. Sie dürfen natürlich auch nur die Vorauszahlungen anrechnen, die der neue Mieter tatsächlich geleistet hat.

  • FALSCH: 12 Monate x 150 € = 1.800 € Vorauszahlung

  • RICHTIG (bei Einzug 01.05.): 8 Monate x 150 € = 1.200 € Vorauszahlung

​Fazit

​Ein Mieterwechsel bedeutet mehr Aufwand, ist aber kein Hexenwerk. Der aller beste Weg ist und bleibt die Zwischenablesung (Schritt 1). Wenn Sie die nicht haben, müssen Sie zwingend den komplizierten Weg über die taggenaue Trennung (kalte Kosten) und die Gradtagszahlen (Heizkosten) gehen.

(Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar und ersetzt nicht die Konsultation eines Messdienstleisters oder Rechtsanwalts. Die Gradtagszahlen sind normiert und können online eingesehen werden.)

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Belegeinsicht des Mieters: Was muss ich zeigen – und was nicht? (Originale vs. Kopien)

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"Sonstige Betriebskosten": Der gefährliche Sammeltopf – Was ist erlaubt?